DIE POLITISCHE VERANTWORTLICHKEIT
DER MITGLIEDER DES GEMEINDEVORSTANDS (§ 48)


Amtsenthebung des Gemeindevorstandes
Ein Mitglied des Gemeindevorstands (ausgenommen der Bürgermeister) verliert sein Amt, wenn ihm aufgrund eines schriftlichen Antrags von den Gemeinderatsmitgliedern seiner Gemeinderatspartei in geheimer Abstimmung das Misstrauen ausgesprochen wird. Bei Vornahme der Abstimmung über den Misstrauensantrag müssen mindestens drei Viertel der Mitglieder des Gemeinderats der betreffenden Gemeinderatspartei anwesend sein.


"Fraktioneller" Mißtrauensantrag
Nach dem Gesetzeswortlaut ist jedes Mitglied des Gemeinderates antragsberechtigt (Antragslegitimation), zumal die Mitglieder des Gemeindevorstandes für die Erfüllung ihrer dem eigenen Wirkungsbereich zugehörigen Aufgaben dem Gemeinderat insgesamt verantwortlich sind.

Da die Mitglieder des Gemeindevorstandes (mit Ausnahme des Bürgermeisters) nur des Vertrauens der Gemeinderatsmitglieder jener Wahlpartei, die sie in den Gemeindevorstand gewählt hat, bedürfen, kann die politische Verantwortlichkeit nur jener Teil des Gemeinderates (die Wahlpartei), der sie in den Gemeindevorstand gewählt hat, durchsetzen.


Mißtrauensvotum des gesamten Gemeinderates
Wurde hingegen ein Mitglied des Gemeindevorstandes - abweichend von der fraktionellen Wahl vom Gemeinderat gewählt (weil die entsprechenden Beschlusserfordernisse nicht gegeben waren) - dann bedarf dieses Mitglied des Gemeindevorstandes auch des Vertrauens des gesamten Gemeinderates. Ein Mißtrauensvotum bedarf diesfalls denselben Beschlußerfordernissen wie ein Mißtrauensantrag gegen einen vom Gemeinderat aus der Mitte seiner Mitglieder gewählter Bürgermeister.


Formulierung des Mißtrauensantrages
Der Mißtrauensantrag hat das ausdrückliche Begehren zu enthalten, es wolle dem Gemeindevorstandsmitglied das Mißtrauen ausgesprochen werden.


Besondere Beschlusserfordernisse
Zur Gültigkeit eines Beschlusses über einen Mißtrauensantrag bedarf es (neben der Anwesenheit von mindestens drei Viertel der Mitglieder des Gemeinderates jener Partei, der das Mitglied des Gemeindevorstandes - gegen das sich der Mißtrauensantrag richtet - angehört) der absoluten Mehrheit der Stimmen von Gemeinderatsmitgliedern dieser Partei.
Stimmen, die von Mitgliedern einer anderen Wahlpartei abgegeben werden, sind nicht mitzuzählen.


Mißtrauensvotum - eine politische Entscheidung
Das Mißtrauensvotum ist eine politische Entscheidung, die nicht nach den Maßstäben des Verwaltungsverfah-
rens beurteilt werden kann, doch hat der Betroffene Anspruch darauf, dass ein solcher Ausspruch unter Einhaltung der hiefür gesetzlich vorgesehenen Regeln ergeht. Es sind also nur die formalen Voraussetzungen des Antrages und des im Gemeinderat gefaßten Beschlusses zu prüfen. Das Mißtrauensvotum ist also als Bescheid zu werten, gegen den Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden kann.


Ausnahme von den Befangenheitsbestimmungen
Das Mitglied des Gemeinderates, dem in seiner Funktion als Vorstandsmitglied das Mißtrauen ausgesprochen werden soll, darf an der Abstimmung teilnehmen, da eine Befangenheit wegen des politischen Charakters dieser Entscheidung ausgeschlossen ist.


Erlöschen des Amtes
Das Amt des Gemeindevorstandes erlischt mit der Verkündung des Abstimmungsergebnisses durch den Vorsitzenden des Gemeinderates. Die Mitgliedschaft zum Gemeinderat wird jedoch durch den Ausspruch des Mißtrauens nicht berührt.

Neubesetzung der Stelle
Zum Zwecke der Neubesetzung der Stelle eines Gemeindevorstandes hat der Bürgermeister binnen vier Wochen (nach Erledigung des betreffenden Gemeindevorstandssitzes) eine Nachwahl für den restlichen Teil der Funktionsperiode vorzunehmen.

Bei dieser Wahl dürfen nur die Gemeinderatsmitglieder jener Partei wählen, der das freigewordene Gemeinderatsmandat zukommt (fraktionelle Wahl).
Zur Vornahme der Wahl müssen mindestens drei Viertel der Zahl der Mitglieder des Gemeinderates von der betreffenden Partei anwesend sein.


Übergang der Wahl auf den gesamten Gemeinderat
Sind bei der Wahl die Anwesenheitserfordernisse nicht gegeben, ist eine neuerliche Sitzung mit der gleichen Tagesordnung einzuberufen. Wenn auch bei dieser Sitzung die zur Vornahme der Wahl erforderliche Zahl von Mitgliedern der betreffenden Partei nicht anwesend ist, geht das Wahlrecht an den Gemeinderat über, der an ihrer Stelle unverzüglich die Wahl vornimmt, ohne dabei eine bestimmte Partei berücksichtigen zu müssen.


Niederschrift über den Wahlvorgang
Über die Durchführung der Wahl ist eine Niederschrift aufzunehmen, die vom Wahlleiter und von sämtlichen anwesenden Mitgliedern des Gemeinderates zu unterfertigen und bei der Gemeinde zu hinterlegen ist.


Anfechtung der Wahl

Die Wahl kann binnen acht Tagen bei der Bezirks-
wahlbehörde angefochten werden. Hiezu bedarf es eines Antrages von einem Zehntel der Mitglieder des Gemeinderates, mindestens aber von zwei Mitgliedern. Dessen ungeachtet kann die Angelobung vorgenommen und das Amt angetreten werden.